Empfehlungen an Notärzte/Haus- und Kinderärzte

Den Eltern sollte der Tod Ihres Kindes in klaren und eindeutigen Worten mitgeteilt werden. Wählen Sie Formulierungen wie "Ihr Kind ist tot" oder "Ihre Tochter (Ihr Sohn) lebt nicht mehr", aber nicht " die Reanimation war erfolglos" oder "Ihr Kind hat auf die Reanimation nicht angesprochen"

Wenn Sie beim plötzlichen und unerwarteten Tod eines Kindes vom SID ausgehen, geben Sie den Eltern erste Informationen zum Plötzlichen Säuglingstod. Sagen Sie ihnen, dass dieser Tod weder für Eltern, noch für Ärzte oder andere Experten vorhersehbar ist.

Versuchen Sie, den Eltern deutlich zu machen, dass eine Obduktion für sie langfristig gesehen sehr hilfreich sein kann, weil ihnen wesentliche Fragen zum Tod ihres Kindes nur durch die Obduktion beantwortet werden können. Können sich die Eltern für eine freiwillige Obduktion entscheiden, benötigen sie Ihr Angebot, bei den vertraglichen Vereinbarungen zu helfen.

Versuchen Sie außerdem, für die Eltern in Erfahrung zu bringen, in welcher Institution obduziert werden kann und wer (namentlich) die Obduktion durchführt und somit für die Eltern Ansprechpartner/in sein wird.

Den Betroffenen sollte im Gespräch über die Obduktion unbedingt gesagt werden, dass sie nicht nur vor, sondern auch nach einer Obduktion von ihrem Kind Abschied nehmen können. Die Angabe "ungeklärt" in der Todesbescheinigung bedarf den Eltern gegenüber unbedingt der Erklärung, Ihnen muss deutlich gemacht werden, dass damit weder ihnen noch den zuletzt behandelnden Ärzten und Ärztinnen gegenüber Misstrauen ausgedrückt wird.

Die betroffenen Eltern wissen zumeist nicht, dass der Plötzliche Säuglingstod formal als nicht aufgeklärter Todesfall gilt, weil für diesen Tod keine Ursachen anzugeben sind und dass damit in der Regel eine behördliche Untersuchung folgt. Bereiten Sie die Eltern auf das Eintreffen der Polizei vor.

Versuchen Sie, nicht nur bis zum Eintreffen der Polizei, sondern möglichst auch während der polizeilichen Ermittlungen bei der betroffenen Familie zu bleiben.

Die meisten Eltern haben in der Akutsituation das starke Bedürfnis, ihr Kind zu sehen oder wieder in den Arm zu nehmen. Sie brauchen Zeit, den Tod ihres Kindes zu begreifen. Gleichzeitig fürchten sich viele vor dem Anblick ihres toten Kindes, leiden später aber sehr darunter, keinen Abschied genommen zu haben. Deshalb sollten sie ermutigt werden, Abschied zu nehmen.


Denken Sie daran, dass die Eltern auch die hinterbliebenen Geschwister einbeziehen. Achten Sie darauf, dass die Spuren der Reanimation beseitigt worden sind. Fragen Sie die Hinterbliebenen, ob sie mit ihrem Kind allein im Raum sein möchten. Lassen Sie den Eltern und Geschwistern Zeit.

Lassen Sie die Betroffenen selbst entscheiden, ob sie ein Beruhigungsmittel haben möchten. Auch in der akuten Trauer wissen sie, ob ein Beruhigungsmittel ihnen helfen kann oder nicht. Raten Sie eher ab als zu.

Bei einigen Müttern, die gestillt haben, versiegt die Milchproduktion als Schockreaktion auf den Tod ihres Kindes von selbst. Ist das nicht der Fall, sollte die betroffene Mutter umgehend Kontakt zu ihrem Frauenarzt oder ihrer Frauenärztin aufnehmen. Er/Sie verordnet ein Medikament, dass zum Einstellen der Milchproduktion durch die Brustdrüsen führt. Das medikamentös herbeigeführte Abstillen ist regelmäßig frauenärztlich zu kontrollieren, wobei die Kontrolltermine gleichzeitig zur Beratung und Unterstützung bei damit verbundenen seelischen Problemen genutzt werden können.

Beobachten Sie die Geschwister des gestorbenen Babys.

Fragen Sie die Eltern, ob sie Hilfe bei der Betreuung ihrer hinterbliebenen Kinder benötigen. Überlegen Sie gemeinsam mit den Eltern, wer hierfür in Frage käme. Versichern Sie den betroffenen Eltern, dass ältere Kinder nicht SID gefährdet sind.

Nach dem Tod eines Zwillings/Mehrlings sollte das überlebende, gleichaltrige Geschwister auf jeden Fall stationär eingewiesen und sorgfältig klinisch untersucht werden. Ebenso ist eine pädiatrische Schlaflaboruntersuchung sowie die Überwachung mit einem medizinisch verordneten Heimmonitor sinnvoll. Es gibt Einzelberichte über Zwillinge, die beide in derselben Nacht verstorben sind. Es wird daher empfohlen, nach Rücksprache mit den Eltern das überlebende gleichaltrige Zwillings-/Mehrlingskind unbedingt in die nächste Kinderklinik zu transportieren.

Signalisieren Sie, dass Sie auch weiterhin als Ansprechpartner/in zur Verfügung stehen und jederzeit für die Familie erreichbar sind. Bieten Sie für einen der nächsten Tage ein weiteres Gespräch an und vereinbaren Sie möglichst schon in der Akutsituation einen festen Termin, um mit den Familienangehörigen über die möglichen Ursachen des Säuglingstodes zu sprechen. Sagen Sie den Eltern, dass Sie vor diesem weiteren Gespräch Kontakt zum Rechtsmedizinischen/Pathologischen Institut, in dem ihr Kind obduziert wurde, aufnehmen werden, um sich über die Untersuchungsergebnisse zu informieren.

Bieten Sie den Eltern Informationsmaterial (Broschüren z.B. GEPS) über den Plötzlichen Säuglingstod an, das für sie verständlich ist, und geben Sie die Adresse von Selbsthilfeorganisationen weiter, in denen sich Eltern, die vom Tod eines Kindes betroffen sind, zusammengeschlossen haben.

Bieten Sie den betroffenen Eltern an, mit ihren Verwandten oder Freunden u.U. auch mit Seelsorger oder der Seelsorgerin der Familie, über den Plötzlichen Säuglingstod zu sprechen und mögliche Fragen zu beantworten. Je früher in der näheren und auch weiteren Umgebung der betroffenen Familie sachlich über den Plötzlich Säuglingstod informiert bzw. gesprochen wird, desto eher lassen sich spätere Missverständnisse und Vorurteile vermeiden.

 

Entnommen aus: Plötzlicher Säuglingstod - Hilfe und Unterstützung für betroffene Familien - Informationen und Empfehlungen für Haus- und Kinderärzte, GEPS Deutschland e.V.