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Kinder wissen, dass es den Tod gibt

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Entnommen aus: Wochenblatt f. d. Zollernalbkreis, 17. Jg., Nr. 44, 22.11.91

 

Abschied und Trennung gehören zum Leben. Sie tun weh. Eine Form der Trennung ist der Tod. Obwohl er unausweichlich ist, zögern wir, mit unseren Kindern darüber zu sprechen. Dabei weiß jedes Kind, dass es den Tod gibt.

 

Es begegnet ihm in Märchen und Filmen. Kinder finden tote Insekten oder andere Tiere, vielleicht auch das tote Haustier. Das sind viele Gelegenheiten, um mit dem Kind über den Tod zu sprechen, ohne selbst zutiefst gefühlsmäßig betroffen zu sein.

 

Der Tod ist (k)ein Tabu


Das Thema Tod bereitet den meisten von uns Unbehagen. Doch obwohl wir schweigen, teilen wir unseren Kindern allerhand mit. Sie sind scharfe Beobachter, die aus Gestik, Mimik und Körperhaltung manches erfahren.

 

Wenn wir ihnen zeigen, dass wir befangen und unwillig über den Tod reden, werden unsere Kinder lernen, dieses Thema als etwas Schlechtes einzuordnen und ebenfalls darüber schweigen. Mit ihren Fragen, Phantasien und Ängsten lassen wir sie dann allein.

Entnommen aus: Geschwister, die trauern, GEPS Deutschland e. V.


Oft werden die Geschwister, die ihr Brüderchen oder ihr Schwesterchen am Plötzlichen Säuglingstod verloren haben, momentan vernachlässigt. In unserem ersten Schock und der darauffolgenden intensiven Trauer vergessen wir, dass auch unsere anderen Kinder unsere Zuneigung ganz dringend brauchen. Keiner von uns kann ganz plötzlich auf einen derartigen Schicksalsschlag kontrolliert reagieren.

 

Da vor allen der Plötzliche Säuglingstod Familien trifft, deren Geschwisterkinder noch sehr jung ist eine besondere Problematik gegeben.

 

Vor allem kleine Kinder haben noch nicht den Wortschatz um ihre Erfahrungen zu versprachlichen. Nicht wenige Kinder haben zudem mit heftigen Schuldgefühlen zu kämpfen. Sie haben das Neugeborene nicht immer sofort mit Begeisterung aufgenommen und nun wo sie vielleicht begonnen haben den "Rivalen" zum "Freund und Spielgefährten" zu machen lässt er sie wieder alleine zurück.


Unsere Hilfe beginnt dort, wo die Frage nach Schuld ernstgenommen und kindgerecht aber offen besprochen wird.


So können Eltern ihren Kindern helfen, mit dem Tod eines Bruders oder einer Schwester leben zu lernen


Erlauben Sie den Geschwistern - wenn sie es wünschen - sich vom toten Kind zu verabschieden. Lassen Sie sich dabei nicht von wohlmeinenden Ärzten oder Leichenbestattern abwimmeln. Überlegen Sie altersentsprechend gemeinsam mit den verbliebenen Kindern, welche Begräbnisfeier begangen werden soll.

 

Ermutigen Sie ihre Kinder immer wieder, ihre Eindrücke und Gefühle über diesen besonderen Tod zu verarbeiten. Dabei ist es hilfreich nur das zu sagen, was man selbst glaubt und hofft. Jede andere Antwort wird von Kindern über kurz oder lang als unglaubwürdig entlarvt. Hilfreicher sind ehrliche und verständlich formulierte Antworten auf die spontanen Fragen der Kinder.

 

Ein gemeinsames Lesen von Lektüre zum Thema Tod (für unterschiedliche Alterstufen ausgewählt) kann eine wertvolle Möglichkeit darstellen um mit Kindern in ein Gespräch zu kommen. Ebenso sind Rollenspiele oder eine Verarbeitung in Form von Zeichnungen oder Musik geeignet.

 

Am Beispiel der eigenen Trauer können Erwachsene Kindern zeigen, das es "normal" ist zu weinen, traurig und depressiv zu sein, zu lachen, an das verstorbenen Kind zu denken oder es zeitweise zu vergessen.

 

Erinnern Sie ihr Kind an alle Freundlichkeiten, die es seinen toten Bruder oder seiner toten Schwester erwiesen hat und pflegen Sie diese. Versichern Sie ihn, dass Rivalitäten zwischen Geschwistern etwas ganz Normales sind und keinesfalls den Tod verursachen.


Versichern Sie dem lebenden Kind, dass die Tiefe der elterlichen Trauer nicht die Liebe vermindert, die Eltern auch für es empfinden.

Kinder können vorübergehend "Rückschritte" machen. Sie fühlen sich in extremer Weise anlehnungsbedürftig, abhängig oder verlieren kurzfristig Fähigkeiten. Seien Sie hier geduldig und liebevoll.

 

Erwarten Sie nicht, dass Kinder so trauern wir Erwachsene, dass sie ihre Trauer nicht spontan zeigen oder nicht permanent trauern, bedeutet nicht, dass sie keinen Schmerz empfinden. Lassen Sie Kinder spüren, dass sie trauern dürfen, wie es für sie richtig ist, nach "ihrem Maß und nach ihrer Zeit.

 

Zwingen Sie sie nie dazu zum Friedhof zu gehen, wenn sie nicht möchten; auch bei Erwachsenen ist das Bedürfnis dazu sehr unterschiedlich. Geben Sie ihren Kind, auch wenn es noch sehr jung ist, die Möglichkeit an Ritualen teilzunehmen, die Ihnen wichtig sind im Gedanken an das tote Kind; achten Sie aber darauf, sich auch seiner Ideen zu bedienen, seine Liebe und Verbundenheit auszudrücken.

 

Machen Sie sich immer deutlich, dass auch das Kind einen "unvergleichlich" schweren Verlust erlitten hat, dass seine Trauer einzigartig ist und dass es seinerseits Hilfe braucht.

übernommen von der: Homepage der GEPS Bayern


Wie verstehen Kinder den Tod?

Je nach Alter haben Kinder ein anderes Todesverständnis.

 

Vorschulalter:

Die Kinder begreifen den Faktor “Zeit” kaum und betrachten den Tod daher als vorübergehenden Zustand, als eine Trennung, ein Weggehen auf Zeit. Der Tod ist unpersönlich, d. h., er betrifft das Kind nicht. In den Gedanken eines Vorschulkindes dreht sich alles um das eigene Ich. Seine Welt besteht aus seinen Gefühlen und Aktionen. Ein Vorschulkind wird nicht in der Lage sein, die volle Bedeutung des Todes zu begreifen, aber es begreift sehr wohl die Veränderungen in der Familie.

 

Zwischen 6 und 9 Jahren:

Kinder beginnen die Endgültigkeit des Todes zu begreifen. Sie lernen verstehen, dass alles Lebendige einmal stirbt. Aber sie beziehen den Tod nicht auf sich selbst. Phantasien werden entwickelt, wie der Tod.

 

Ab ca. 9 Jahren:

Langsam versteht ein Kind, dass es selbst auch einmal sterben muss. Damit beginnt die Suche nach dem Sinn des Lebens. Möglicherweise zeigt sich risikoreiches Verhalten. Es dient der Angstminderung und als Beweis dafür, dass man sein Schicksal selbst in der Hand hat.

 

Ab ca. 11 Jahren:

Kinder im Alter von elf Jahren und älter können abstrakt denken. Sie sind imstande, den Tod so zu sehen, wie ein Erwachsener ihn erlebt.

Diese Stufen sind eine grobe Übersicht. Jedes Kind entwickelt sich individuell und erlebt das Leben auf einzigartige Weise. Daher ist es möglich, dass ...

  • Dreijährige schon nach dem Tod fragen,
  • äußerlich keine Reaktion auf den Tod des Geschwisterchens eintritt, dafür eine umso heftigere auf den Tod eines Haustieres,
  • der Tod gar nicht angesprochen wird, sondern in phantasievollen Spielen verarbeitet wird: die Puppe, der Freund stirbt, Beerdigungsrituale werden nachgespielt, usw.

entnommen aus: Geschwister, die trauern, GEPS Deutschland e. V.